Trotz Regen strömen auch die Menschenmassen
Holzturmfest lockt 600 Wanderer auf den Winterstein ‑ Vierstelliger Erlös zugunsten des Turmneubaus
Ober-Mörlen (hau). So kann man sich täuschen. Wer glaubte, an einem derart verregneten 1. Mai wie dem heurigen würden die Wetterauer alle Wanderpläne streichen, war gründlich schief gewickelt. Auf den Winterstein jedenfalls strömten im strömenden Regen schätzungsweise 600 Menschen. Auf dem Gipfel wurden sie bei bester Stimmung mit Speis, Trank und Musik belohnt ‑ und der Gewissheit, außer der eigenen Erbauung auch dem guten Zweck und einer aussichtsreichen Zukunft gedient zu haben. Mit dem Erlös aus dem ersten Holzturmfest auf dem Winterstein ist man nämlich dem Ziel, den altehrwürdigen Aussichtsturm wieder aufzubauen, ein gutes Stück näher gekommen. Ein vierstelliger Eurobetrag kann ersten Schätzungen zufolge dem Spendenkonto des »Förderkreises Wintersteinturm« hinzugerechnet werden. In den letzten drei Monaten waren hier bereits 18700 Euro eingegangen.
»Das ist der helle Wahnsinn! Niemals hätten wir gedacht, dass bei dem Wetter so viele Wintersteinfreunde hier hoch finden«, strahlten die Helfer unter Zeltplanen und Regenschirmen hervor, die unter lichtem Waldgrün eigentlich dem Sonnenschutz hatten dienen sollen. Doch auch so wurden 350 Grillwürstchen verkauft und ein Riesenbottich Erbseneintopf. »Turmbrote«, Brezeln, Kuchen, Kaffee und kühle Getränke gingen weg wie warme Semmeln, und auch der Absatz von Holzscheiben aus dem alten Turm und nagelneuen Winterstein-Anstecknadeln florierte bestens.
Auf den glitschigen Felsen, auf denen einst der Turm Halt fand, postierte sich diesmal Walter Müller, der Trompeter vom Philippseck. Seine Melodien schallten bis weit ins Tal hinein und wiesen so manchem Wanderer den rechten Weg. Oben angekommen, versüßte ihm Inge Rack aus Nieder-Mörlen den Aufenthalt mit ihrer Drehorgel, die sie im Heck eines Kleintransporters vor der Nässe schützen konnte. »Nicht auszudenken, was erst bei schönem Wetter hier oben los gewesen wäre« war man dennoch ein wenig enttäuscht über das Wetterpech, ließ den Mut aber nicht sinken. Ganz im Gegenteil. Eingemummt in Regenzeug oder gut beschirmt erkundeten eingefleischte und frisch gebackene Turmfreunde den felsigen Standort des ehemaligen (und auch des zukünftigen) Aussichtsturmes.
Alt und Jung kamen ins Gespräch, Erinnerungen wurden ausgetauscht, Anekdoten erzählt und Zukunftspläne geschmiedet. Das wohlige Gefühl machte sich breit dass hier einer alten Tradition zu neuem Leben verholfen wurde, und der Winterstein mit seinem Aussichtsturm als beliebtes Ausflugsziel ins Bewusstsein zurückgekehrt ist.
Viele Stunden unterwegs
Aus allen Himmelsrichtungen hatten sich Große und Kleine auf den mitunter mehrstündigen Weg in Richtung Winterstein gemacht. Während die einen den größtenteils noch vorhandenen Wegmarkierungen folgten, verließen sich andere auf alte Erinnerungen und arbeiteten sich durch zugewachsene Wege gen Gipfel. Viele Stunden war man mitunter unterwegs, um würzige Waldluft und frisches Grün genießen oder in aller Gemütsruhe im Forsthaus am Winterstein einkehren zu können.
Alle Hände voll zu tun hatte aber auch die Ober-Mörler Feuerwehr- Mit der Regenmenge wuchs die Nachfrage nach dem von den Brandschützern gelenkten komfortablen Pendelbus zwischen Forsthaus und Gipfel. Selbst Eltern mit müden Kleinkindern und Rollstuhlfahrer konnten so die Gelegenheit nutzen, sich ein Bild vom neuen Turm auf dem Winterstein und seinen Möglichkeiten zu machen.
Auf Schautafeln gab es neben historischen Ansichten auch die Pläne für den neuen Turm zu sehen. Mit ihren stattlichen 12,75 Metern wird die fünfstöckig geplante Aussichtsplattform aus Douglasienholz und Stahl ihren zuletzt 1960 aufgestockten Vorgänger deutlich überragen und einen 270-Grad-Panoramablick bis nach Frankfurt, in die Rhön und das Marburger Land freigeben.
Und das vielleicht schon am 1. Mai kommenden Jahres ‑ wenn alles nach Plan läuft. Das heißt, wenn genügend Geld und Sachspenden für das Projekt zusammenkommen und die Frage der Trägerschaft geklärt und vertraglich besiegelt ist.
Ein Kompliment machte schließlich im Namen des »Förderkreises Wintersteinturm« Ober-Mörlens, Bürgermeister Sigbert Steffens allen Helfern und Besuchern. Über Wochen hätten sich die vielen Freiwilligen für die gemeinsame Sache ins Zeug und eine tolle Organisation hingelegt. Dass trotz schlechtester Wetterbedingungen mehr als 600 Menschen gekommen seien, habe alle Erwartungen übertroffen und zeuge von einer Identitätsstiftung sie nur durch eine derart enorme Bürgeraktion getragen werden könne.
Quelle: Wetterauer Zeitung vom 03. Mai 2004 - Text: Annette Hausmanns